Was passiert gerade im Bereich der Nachhaltigkeitskommunikation in Europa?
In Europa vollzieht sich derzeit ein tiefgreifender Wandel in der Art und Weise, wie Unternehmen über Nachhaltigkeit kommunizieren. Die Zeiten vager Umweltversprechen und unklarer „grüner“ Aussagen neigen sich dem Ende zu. Auch wenn die Green Claims Directive, die zuletzt viel diskutiert wurde, derzeit pausiert ist – Mit der neuen Empowering Consumers-Richtlinie („Empowering Consumers for the Green Transition (ECGT-RL) 2024/825“), die spätestens ab September 2026 verbindlich wird, setzt die EU ein starkes Zeichen gegen Greenwashing und für transparente, überprüfbare Umweltkommunikation. Die im Fachjargon häufig EmpCo genannte Richtlinie, die im März 2024 in Kraft trat, zielt darauf ab, Verbraucher vor irreführenden Geschäftspraktiken zu schützen und sicherzustellen, dass sie informierte Kaufentscheidungen treffen können. Sie ergänzt bestehende Richtlinien über unlautere Geschäftspraktiken und Verbraucherrechte-Richtlinien in den EU-Mitgliedsstaaten. Die EmpCo ist Teil des „Green Deal“ der EU und wurde im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.
Was sind die Inhalte der EmpCo?
Mit der EmpCo sollen Verbraucher:innen vor irreführenden Aussagen geschützt werden und Unternehmen zu einer nachweisbaren, standardisierten und glaubwürdigen Nachhaltigkeitskommunikation verpflichtet werden. Die Richtlinie verbietet eine Reihe von Praktiken, die bislang in der Nachhaltigkeitskommunikation üblich waren. Dazu zählen:
- Allgemeine Umweltbehauptungen wie „ökologisch“, „grün“, „klimaneutral“ oder „umweltfreundlich“, sofern sie nicht durch anerkannte Standards direkt belegt sind. Ein Produkt, dass aktuell zum Beispiel „Greenphone“ heißt, muss in Zukunft entweder umbenannt werden, oder direkt auf dem Produkt erklären, warum das Wort „green“ in der Produktbezeichnung verwendet wurde und nachweisen, dass es sich tatsächlich um eine vergleichsweise hervorragend „grüne“ Leistung handelt. Das kann entweder durch ein Zertifikat oder die transparente und zugängliche Offenlegung einer Nachhaltigkeits-Performance, die maßgeblich besser ist, als die der Marktbegleiter, geschehen.
- Nachhaltigkeitssiegel, die weder auf einem Zertifizierungssystem basieren noch von öffentlichen Stellen vergeben wurden. Hier gilt das Prinzip der Akkreditierung und Überprüfung durch dritte. Nachhaltigkeitssiegel müssen von einer national akkreditierten Zertifizierungstelle stammen, deren Siegel für alle zugänglich ist und die Prüfung muss durch externe Auditoren erfolgen.
- Aussagen, die sich auf das gesamte Produkt beziehen, obwohl sie nur einzelne Aspekte betreffen. Wenn zum Beispiel nur der Deckel einer Flasche aus Recyclingmaterialien besteht, man aber über „eine Flasche aus Recyclingmaterialien“ spricht, dann wir das in Zukunft strafbar.
- Aussagen zur Klimaneutralität, die ausschließlich auf CO₂-Kompensation beruhen. Man muss immer nachweisen, dass man ernsthafte Bemühungen zur Reduktion macht, denn nur Kompensation wird nicht mehr ausreichen, wenn man sich als klimaneutral bezeichnen möchte.
- Aussagen über zukünftige Leistungen, sofern diese nicht glaubwürdig umsetzbar sind. Zukünftige Maßnahmen müssen durch einen Umsetzungsplan und messbare Zielindikatoren prüfbar sein.
Man sollte insgesamt auch vorsichtig sein, wenn es darum geht, was ein Produkt in Zukunft können oder erfüllen wird, da solche Aussagen von der aktuellen Nachhaltigkeitsleistung des Produkts ablenken können.
Was sollte man beim Thema beachten?
Die Empowering Consumers Directive ist bereits auf EU-Ebene verabschiedet. Nun liegt es an den Mitgliedstaaten, sie in nationales Recht zu überführen. Dafür haben sie Zeit bis zum 27. März 2026. Die tatsächliche Anwendung der neuen Regeln beginnt dann am 27. September 2026. Unternehmen sollten sich frühzeitig auf die neuen Anforderungen vorbereiten, um rechtssicher und glaubwürdig kommunizieren zu können.
Das bedeutet, die Kommunikationsstrategien müssen grundlegend überdacht werden. Laut dem BVDM betrifft die Richtlinie insbesondere die Druck- und Medienwirtschaft, aber auch alle anderen Branchen, die mit Umweltversprechen werben.
Wichtige Aspekte, die durch die EmpCo eingeführt oder verstärkt werden:
- Transparenz: Jede Aussage muss mit Daten und Quellen belegt werden.
- Prüfverfahren: Externe Zertifizierungen und anerkannte Standards werden zunehmend relevanter.
- Vermeidung von Pauschalaussagen: Allgemeine Begriffe ohne Kontext sind nicht mehr erlaubt.
- Verantwortung der Kommunikationsabteilungen: Nachhaltigkeit wird zur strategischen Aufgabe, nicht nur zur Marketingbotschaft.
In Zukunft werden falsche Umweltaussagen strafbar. Dies wird allerdings nicht durch eine ex-ante-Prüfung stattfinden, wie es bei der Green Claims Richtlinie vorgesehen war, sondern wird davon abhängen, ob jemand externes aktiv gegen die Falschaussagen eines Unternehmens angeht. Dies geschieht dann beispielsweise durch die Behörde für Verbraucherschutz im jeweiligen Land.
Wie bereitet man sich auf die EmpCo vor?
Die Vorbereitung auf die EmpCo-Richtlinie sollte frühzeitig und strategisch erfolgen. Folgende Schritte helfen dabei, zu verstehen, wo ein Unternehmen von der EmpCo betroffen ist und wo eventuelle Lücken zwischen der aktuellen Kommunikation und den Anforderungen der EmpCo sind:
1. Bestandsaufnahme
Welche Umweltversprechen werden aktuell kommuniziert?
2. Datenprüfung
Sind diese Aussagen belegbar und konform mit wissenschaftlichen Standards?
3. Schulung
Kommunikationsteams müssen die neuen Anforderungen kennen und umsetzen können.
4. Strategieanpassung
Nachhaltigkeit muss in die Unternehmensstrategie integriert werden – nicht nur als Kommunikationsinstrument, sondern als gelebte Praxis. Es gilt, Texte, Werbeaussagen und teilweise sogar Logos anzupassen, eine interne Richtlinie zu erstellen, um sich selbst auf Konformität zu prüfen und diese Unternehmensweit auf neue Werbekampagnen und Produkte anzuwenden.
Take aways
- Die EmpCo-Richtlinie ist ein Meilenstein für glaubwürdige Nachhaltigkeitskommunikation in Europa.
- Unternehmen müssen ihre Umweltversprechen künftig belegen, zertifizieren und transparent kommunizieren.
- Die Vorbereitung auf die Richtlinie erfordert interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Nachhaltigkeits-, Kommunikations- und Rechtsabteilungen.
- Wer frühzeitig handelt, kann sich als vertrauenswürdiger Vorreiter positionieren und Wettbewerbsvorteile sichern.
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Autorin

Helene Thierig
Helene Thierig arbeitet seit 2021 bei Terra Institute in den Bereichen Regionalentwicklung, Kommunikation und Tourismus. Sie begleitet partizipative Prozesse in Gemeinden und arbeitet mit Tourismusunternehmen an der Zertifizierung und dem Erstellen und Vorbereiten von Nachhaltigkeitsberichten auch nach CSRD. Aus ihrem sprachwissenschaftlichen Hintergrund heraus setzt sie sich vertieft mit Themen der Nachhaltigkeits- und Klimakommunikation auseinander.
Fragen? h.thierig@terra-institute.eu