Omnibus Einigung - Fettpflanze metaphorisch mit den Schichten bis zum Kern
Omnibus-Einigung: Entlastung für den Mittelstand – strategische Fragen für Europa

Mit der Trilog-Einigung vom 9. Dezember 2025 hat die EU zentrale Nachhaltigkeitsregeln grundlegend überarbeitet: Die Berichts- und Sorgfaltspflichten der CSRD und CSDDD gelten künftig nur noch für sehr große Unternehmen, und die Komplexität der Anforderungen wurde reduziert. Die Reaktionen auf diese Entscheidung sind gespalten – zwischen Erleichterung und Sorge.

Was konkret beschlossen wurde

CSRD (Nachhaltigkeitsberichterstattung): Berichtspflichtig sind künftig nur noch Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden und mehr als 450 Mio. Euro Jahresumsatz. Damit fallen rund 90 % der ursprünglich vorgesehenen Unternehmen aus der Pflicht.

CSDDD (Lieferketten-Sorgfaltspflichten): Die Schwellenwerte steigen auf mehr als 5.000 Mitarbeitende und mehr als 1,5 Mrd. Euro Umsatz. In der EU sind damit nur noch rund 1.300 Unternehmen direkt betroffen.

Value Chain Cap: KMU werden geschützt – CSRD-pflichtige Unternehmen dürfen von kleineren Lieferanten keine Informationen verlangen, die über den freiwilligen VSME-Standard hinausgehen.

Politische Mehrheiten und Positionen

Am 13. November 2025 stimmte eine Mehrheit aus konservativen und rechten Fraktionen (EVP, ECR, PfE) im Europäischen Parlament für weitreichende Vereinfachungen. Die finale Abstimmung im Plenum ist für den 16. Dezember 2025 vorgesehen und gilt als Formsache.

Zwei Perspektiven auf die Einigung

Die Befürworter sehen in der Einigung einen wichtigen Schritt zur Stärkung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit. Der dänische Wirtschaftsminister Morten Bødskov sprach von einem „großartigen Tag für die Wettbewerbsfähigkeit Europas“. Die Vereinfachungen entlasten insbesondere den Mittelstand von bürokratischem Aufwand und schaffen Planungssicherheit. Berichterstatter Jörgen Warborn (EVP) betonte: „Wir vereinfachen die Einhaltung der Nachhaltigkeitsvorschriften, sorgen für historische Kostensenkungen für Unternehmen und liefern dennoch Ergebnisse für die europäischen Bürger.“

Die Kritiker warnen vor einem gefährlichen Rückschritt. Der WWF Deutschland kritisiert, die Gesetze seien „bis zur Unkenntlichkeit entkernt“. Die Initiative Lieferkettengesetz bemängelt, von den Kernelementen der CSDDD bleibe nur noch wenig übrig. NGOs und Teile der Wirtschaft sorgen sich, dass Europa seinen Führungsanspruch bei globalen Nachhaltigkeitsstandards verliert und Investoren verunsichert werden.

Hintergründe der Entwicklung

  1. Wirtschaftliche Verunsicherung in Europa: Steigende Energiepreise, Inflation und globale Konkurrenz haben den Druck auf europäische Unternehmen erhöht. Teile der Industrie forderten einen „Regulierungsstopp“ – die Omnibus-Initiative ist die Antwort darauf.
  2. Internationale Einflüsse: US-Konzerne wie Exxon haben öffentlich Kritik an EU-Nachhaltigkeitsregeln geäußert. Der ESG-Backlash in den USA mit dem Rückzug großer Vermögensverwalter aus Klimainitiativen hat auch in Europa Spuren hinterlassen. Wie stark dieser Einfluss auf die EU-Entscheidung war, bleibt umstritten.
  3. Komplexitätsdebatte: Viele Unternehmen beklagten, dass die ursprünglichen Anforderungen zu komplex und in der Praxis kaum umsetzbar waren. Die EU-Kommission räumte ein, dass zwischen Vereinfachung und Ambition eine bessere Balance gefunden werden musste.

Was das für Ihr Unternehmen bedeutet

  • Für nicht mehr berichtspflichtige Unternehmen: Die regulatorische Last sinkt. Dennoch bleiben Nachhaltigkeitsthemen relevant – Kunden, Investoren, Banken und Geschäftspartner werden weiterhin Transparenz erwarten und benötigen Daten. Wir empfehlen deshalb die zügige Umsetzung des CSME
  • Für weiterhin berichtspflichtige Großunternehmen: Die Anforderungen bleiben bestehen, werden aber praxistauglicher.
  • Für KMU als Lieferanten: Der Value Chain Cap schützt vor überzogenen Datenanforderungen – eine echte Erleichterung im Tagesgeschäft.
  • Strategisch: Wer bereits in ESG-Strukturen investiert hat, sollte diese nicht aufgeben. Nachhaltigkeit bleibt ein Wettbewerbsfaktor – unabhängig von regulatorischen Pflichten.

Unser Fazit: Pragmatismus mit Augenmaß

Die Omnibus-Einigung ist weder der „große Erfolg“ noch der „Totalschaden“, als der sie von verschiedenen Seiten dargestellt wird. Sie ist ein Kompromiss, der auf die realen Herausforderungen europäischer Unternehmen reagiert – aber auch Risiken birgt.

Europa muss nun beweisen, dass Entlastung nicht Stillstand bedeutet. Die gute Nachricht: Viele Unternehmen warten nicht auf politische Vorgaben. Sie investieren weiter in Kreisläufe, erneuerbare Energien, Transparenz und regeneratives Wirtschaften – weil es wirtschaftlich sinnvoll ist, nicht nur weil es vorgeschrieben wird.

Nachhaltigkeit als strategischer Vorteil verschwindet nicht durch geänderte Schwellenwerte. Unternehmen, die heute vorangehen, werden morgen profitieren – unabhängig davon, was Brüssel beschließt.

Weiterführender Artikel

CSRD, CSDDD und EU Taxonomie: was sich gerade verändert

Quellen:

  • Pressemitteilung EU-Parlament, 9.12.2025
  • DRSC: Vorläufige Einigung Trilogverhandlungen
  • Haufe: Omnibus-Verordnung Nachhaltigkeit (aktualisiert 10.12.2025)
  • WWF Deutschland: Pressemitteilung 13.11.2025
  • IHK Bodensee-Oberschwaben: Omnibus-Pakete 2025

Autorin

Evelyn Oberleiter

Evelyn Oberleiter

Co-Gründerin und CEO Terra Institute. Sie begleitet seit 20 Jahren Unternehmen in tiefgehenden Veränderungsprozessen und hat ihren Fokus auf Organisationsentwicklung, Unternehmenskulturprozesse, sowie nachhaltigen Leadership-Ansätzen. Evelyn verfügt über eine hohe Prozesskompetenz und Ergebnisorientierung, eine ausgedehnte Analyse- und Reflexionsfähigkeit, hohe Kommunikationskompetenz, sowie ein ausgeprägtes Systemdenken. Als persönlicher Coach begleitet sie vorrangig Menschen im Top-Management.

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